Der Bildstock

Der Bildstock am Knipp

Am östlichen Rand des Knipps, wurde 1995 durch die St. Anna Schützen ein Bildstock errichtet. Die enthaltene Figurengruppe (Schutzmantelmadonna) wurde vom Berzbuirer Künster Günter Burgfeld gestaltet.  Der Bildstock wurde, anlässlich des 100. Gründungsfestes der St. Anna Schützenbruderschaft und des 50-zigsten Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges und einer damals schon 50-jährigen Friedenszeit in unserem Land, durch den Verein und die Bevölkerung gestiftet. Günter Burgfeld, der mit deiner Frau viele Jahrzehnte in Berzbuir lebte, hat in seiner Skulptur der Schutzmantelmadonna ein Kunstwerk im christlichen Kontext geschaffen, dessen humanitäre Botschaft interkulturell und religionsübergreifend verstanden wird. Es charakterisiert  treffend sein Schaffenswerk, das stets geprägt war vom Kampf gegen Krieg, Leid und Ungerechtigkeit. 

Hierzu schreibt Klaus Vogel aus Kreuzau.

„Die Figurengruppe wird dominiert durch die Statik der Mutter Gottes, die so einen festen Halt bietet und Ruhe ausstrahlt. Um sie herum gruppieren sich Figuren, nicht wie früher Bischöfe, Könige oder Fürsten, sondern Leute aus dem Alltag, Leute, mit denen wir uns identifizieren können. Diese sind in einer Kreisform um die Hauptfigur angeordnet. Sie stellen stellvertretend für uns die persönlichen Anliegen und Nöte, Ängste und Lebenssituationen vor. Diese Figuren sind durch viele Diagonalen gekennzeichnet. So entstehen formale Spannungen. Das Jesuskind ist in dieses System einbezogen und tritt als Mittler – inhaltlich und formal – zwischen uns und die Gottes-Mutter“.

Links beginnend sind folgende Figuren zu sehen:

Eine Frau, die träumt, die die Welt nicht wahrnimmt, sie schaut ins Leere, sie gleitet ins Nichts. Daneben steht eine Mutter mit einem toten Kind auf dem Arm, sie schaut fassungslos nach oben, bittet um Hilfe, vielleicht klagt sie an? Wir können sie verstehen, wenn wir an die schrecklichen Dinge aus unserer „geschichtlichen“ Erinnerung denken oder es mit den Nachrichten über Krieg und Folter vergleichen.

In der Mitte folgt ein Liebespaar, eng umschlossen suchen sie Hilfe beim Partner, mit ihrem Blick fragen sie: Wie wird es weitergehen, was wird aus uns und unseren Kindern? Was wird aus unserer schönen, neuen Welt? Daneben ragt ein alter Mann mit weit aufgerissenem Mund heraus, der den Sinn der Welt und seines Lebens nicht verstehen kann. Er streckt seine Hand aus, das Jesuskind legt liebevoll und sanft seine Hand in die seine und begegnet ihm mit vertrauensvoller Zuneigung.

Aus dem Hintergrund dieser Gruppe blickt uns ein Mann an. Er hat die Hand ans Gesicht gehoben als Ausdruck seines Entsetzens. Er kennt die Geschehnisse in dieser Welt und die chaotischen Handlungen der Menschen, aber er ist hilflos, denn er kann nicht eingreifen, er kann nichts ändern. Soll er verzweifeln?  Doch er und die übrigen Personen werden eingefangen durch den Mantel der Gottes-Mutter. Alle sind eingebunden in die Statik und damit in die Ruhe, die Halt und Vertrauen schenkt. Das Jesuskind weist mit seiner rechten Hand auf diese Zuflucht hin. Seine linke Hand reicht es dem Menschen. Maria sieht uns fest, aber freundlich an, sie beschützt uns, auch wenn wir es im Moment nicht sehen wollen oder bewusst wahrnehmen können. So entsteht zwar keine Auflösung des menschlichen Leids, aber in der Darstellung der Ruhe und der Eingebundenheit kann bei meditativer Betrachtung Vertrauen entstehen, die Angst schwindet.“

Schreitet auch die Säkularisierung voran, schwinden christlich katholische Gepflogenheiten – Weihwasser, Tischgebet, Rosenkranz, Andacht, Messbesuch,…, und die Kenntnis religiöser Bezüge zu den Heiligen, zur Mutter Gottes Maria, …, so bleibt die ‚Ansprache‘ der Skulptur weiterhin unmittelbar verständlich und gewährt Besinnung, Rückhalt, Trost. Unmittelbar zeigen dies die einzelnen Figuren.

So werden Personen, denen ein christlicher Hintergrund fehlt, in der Skulptur ‚Mutter Erde‘ und ihre Kinder sehen können, nachsinnen können, dass alles Leiden wie alles Erfreuliche eine je individuelle, persönliche und zugleich zwischenmenschliche Dimension hat.

Losgelöst von den inhaltlichen Anmerkungen und dem Engagement der Ortsgemeinschaft, im Gedenken an das Kriegsende 1945 und der folgenden Friedenszeit in unserem Land, den Bildstock aufzustellen und Frieden anzumahnen, ist die Skulptur ein bildhauerisches Kleinod in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Autor: Klaus Vogel

Anmerkung der Redaktion: Die Ausführungen von Klaus Vogel sind hier auszugsweise wiedergegeben. Wir danken Herrn Vogel für die Deutung, die künstlerische Bewertung und die Einordnung des Werkes.